„Den 29. Juni 2022 werde ich nie vergessen“, erzählt Josephine Nakitende. Das war der Tag, als sie als frischgebackene Mutter mit der kleinen Greg zum ersten Mal in den Hörsaal an der OTH Regensburg zur Vorlesung von Prof. Dr. Eva Schuckmann kam. „Alle meine Kommilitoninnen und Kommilitonen haben sich mit mir gefreut und über die kleine Greg gestaunt“, sagt sie und lacht, wenn sie daran zurückdenkt, dass viele das kleine Baby zunächst fast für eine Puppe hielten.
Nun ist Greg beinahe ein Jahr alt und kann schon in der Kinder-Ecke vor der Mensa mit seiner Mama am Spieltisch ein Bilderbuch anschauen. Neugierig schaut die Kleine, was um sie herum passiert; die OTH Regensburg ist ihr inzwischen vertraut: Josephine hat ihre Tochter entweder in ihre Kurse mitgenommen oder aber in die Kinderbetreuung des Familienbüros im Studierendenhaus gegeben. „In Uganda wäre es unmöglich gewesen, mit Kind zu studieren“, sagt die 31-Jährige. Doch nicht nur das hat sie dazu bewogen, nun hierzulande auf Jobsuche zu gehen. „Die Ausbildung und das Studium werden hier besser wertgeschätzt“, sagt sie. Wenn das Sommersemester 2023 zu Ende geht, wird sie ihren Master in Europäischer Betriebswirtschaft in der Tasche haben - zusätzlich zu ihrem MBA von der Martyrs University in der ugandischen Hauptstadt Kampala. Dort hat Josephine nach ihrem Uniabschluss mehr als drei Jahre als Bankangestellte gearbeitet, bevor sie nach Deutschland kam. „Ich hatte dieses Ziel, hier zu studieren und wollte es unter keinen Umständen aufgeben“, sagt sie.
Auch die Profs sind beeindruckt
Aufgeben ist eben nicht ihre Sache: Mit einem Säugling schaffte es Josephine, ihr erstes Semester erfolgreich abzuschließen. Und auch das zweite absolvierte sie mit Bravour. Jetzt schreibt sie an ihrer Masterarbeit. Eine Leistung, vor der selbst ihre Professorinnen und Professoren den Hut ziehen: „Ich bin mehr als beeindruckt, wie Gregs Mutter Josephine Nakitende ihr Studium vor und vor allem seit der Geburt ihrer kleinen Tochter gemanagt hat. So viel Motivation, Engagement, Hingabe und Freundlichkeit, gerade in einer so extremen Situation wie einer jungen Frau aus einem fremden Land, sind selten“, sagt Prof. Dr. Eva Schuckmann. Sie habe sich stets gefreut, wenn die kleine Greg in ihrem Unterricht dabei war. Josephine bestätigt diese Offenheit; auch viele andere Lehrende – sie nennt namentlich Prof. Dr. Sabine Jaritz, Prof. Dr. Sevim Süzeroglu-Melchiors, Prof. Dr. Nina Leffers und Prof. Dr. Alexander Ruddies – hätten sich stets über das Baby im Hörsaal gefreut.
Was Josephine nicht ausdrücklich erwähnt, ist, dass das erste Jahr mit Baby ihr doch einiges abverlangt hat. Freundschaften konnte sie beispielsweise kaum schließen – das Baby und das Studium in einem fremden Land haben ihre gesamte Zeit beansprucht. Doch auch wenn Greg sie viel Energie gekostet hat, sagt Josephine: „Greg ist auch diejenige, die meinen Akku wieder auflädt; ich bin unendlich froh und dankbar, die Kleine zu haben!“. Diesem Dank wollte sich Prof. Dr. Eva Schuckmann ausdrücklich anschließen. In einem Post schreibt sie: „Danke, Josephine und Greg, dass ihr mir im letzten Jahr so viel Freude bereitet habt. Wenn du unter solchen Bedingungen einen Master-Abschluss schaffst, wirst du sicher ALLES andere im Leben schaffen!“